Maria Beck

Konfrontation finde ich unnötig

Maria Beck (63) entstammt einer alten Düsseldorfer Bäckerdynastie. Sie hat Operngesang studiert, Hotelfachwirtin gelernt und ist Netzwerkerin par excellence. Vor Jahren kostete sie eine schwere Erkrankung fast das Leben. Noch im Krankenhaus drückt sie den Reset-Knopf und fängt von vorn an. Mit Erfolg. Heute geht es ihr gut wie nie. Sie engagiert sich seitdem ehrenamtlich in verschiedenen Ämtern. Ihre Brötchen verdient sie mit Performance Beratung – und kombiniert dabei alles, was sie in ihrem Leben an Erfahrungen gemacht hat.

Maria Beck ist eine beeindruckende Frau. Mittellange, grau melierte Haare, interessierter Blick, offenes Wesen, gute Zuhörerin. Als ich Maria Beck kennenlernte, war sie Chefnetzwerkerin im Düsseldorfer Wirtschaftsclub. Sie kannte jedes Mitglied und nahezu jeden Besucher. Auf Veranstaltungen, ob im Wirtschaftsclub oder anderswo, ist sie gesuchte Gesprächspartnerin – immer höflich, freundlich, zuvorkommend, gut gelaunt. Eine, die sich selbst weit weniger wichtig nimmt, als ihre Gesprächspartner.

„Ich liebe die Buntheit des Lebens und der Persönlichkeiten“, sagt sie über sich. Und das merkt man ihr in jeder Sekunde an. Sie lacht viel, wenn sie redet. Angenehm, nicht aufgesetzt. Sie lobt ihre Gesprächspartner, gibt ihnen oft recht, geht auf sie ein. Bei ihr sind es keine rhetorischen Kniffe, sondern eine Haltung, die von innen ausstrahlt. Die Gesprächsatmosphäre ist immer entspannt. So auch, als wir uns zu diesem Gespräch im Cafe Alex am Graf Adolf Platz treffen. Als es wieder ging. Nach dem ersten Corona-Lockdown. Maria (wir waren schon vorher per „Du“) kommt gerade von einem Beratungstermin auf der Kö. „Performance Beratung“ bietet sie an. Und das passt hervorragend zu ihr, zu ihren Erfahrungen, zu ihrem Lebensweg. Als ich sie frage, sprudelt es förmlich aus ihr heraus. Sie liebt ihren Job, sie liebt, was sie tut. Das merkt man. Auch ihre parallelen Tätigkeiten seinerzeit im Düsseldorfer Wirtschaftsclub oder als Betriebsleiterin des legendären Mutter EY Cafés, dem Treffpunkt der Düsseldorfer Kunstszene. Aber heute geht es weniger um ihren Job. Es geht um sie. Den außergewöhnlichen Menschen Maria Beck. Und darum, was sie antreibt.

Spross Düsseldorfer Bäckerdynastie. Maria ist aufgewachsen als zweitälteste von sechs Geschwistern. Ihr Vater war Bäcker in Düsseldorf, der Großvater auch und ebenso der Urgroßvater. Selbstverständlich, dass zumindest eins der Kinder den Familienbetrieb weiterführen sollte. Das Los fiel auf ihren kleinen Bruder Josef, Josef Hinkel. Zwei Brüder – Raimund und Jürgen – arbeiten auch im Unternehmen, sind etwa für die süßen Köstlichkeiten oder den Vertrieb zuständig. Ihre Schwester Barbara betreibt einen eigenen Verkaufswagen, bringt das Brot auf eigene Rechnung in die Stadtteile, zwei Mal in der Woche nach Gerresheim zum Beispiel. So ernährt die Bäckerei noch heute die halbe Familie. Doch heute sei das Unternehmen Josefs Unternehmen und habe nur noch wenig mit dem elterlichen Betrieb zu tun. „Er hat es groß gemacht – und sich bewusst gegen viele Filialen und für Produktion in der Altstadt entschieden. Darauf bin ich im schönen Sinne sehr stolz“, sagt sie.

Ihr Vater habe sich im Grunde immer geschämt, Bäcker zu sein. „Josef ist da ganz anders“, sagt sie über ihren Bruder. Er begann, die Bäckerkluft in der Öffentlichkeit zu tragen. Wegen seiner Mehlallergie konnte er nicht in die Produktion und musste raus. Mit dem Fahrrad wollte er ohne großen Aufwand die Backwaren von A nach B bringen. Entwickelt hat sich daraus Josefs Image des „alle grüßenden Bäckers“ in der Altstadt. „Er ist wirklich eine Rampensau und ein echter Menschenfreund“, lacht Maria. „Das haben wir gemeinsam.“

Beck ist sichtlich stolz auf ihren Bruder Josef. „Verbunden im Geiste“ bezeichnet sie ihr Verhältnis. Josef und sie haben sich immer gut verstanden, sich stets gegenseitig geholfen. „Vor seinen ersten öffentlichen Reden habe ich ihn gecoacht. Wie spreche ich, wie funktioniert das mit dem Lampenfieber, Sprechtempo und so weiter.“ Das habe ihm sehr geholfen, so Beck, „heute macht er das mit links“. Sie selbst wiederum habe viel von seinem Stil der Unternehmensentwicklung gelernt.

Maria Beck und Josef Hinkel: Stolz auf ihren kleinen Bruder.

Mit fünf Geschwistern aufzuwachsen, sei nicht immer konfliktfrei gewesen, sagt Maria. Vor allem, wenn die Jungs in der Mehrzahl sind. So hat sie die ständigen Kabbeleien zwischen Jungs und Mädels über Jahre erlebt. Auch das habe sie geprägt: „Ich weiß, dass man sich als Frau unter Männern nur durchsetzen kann, wenn man die Art und Weise, wie Männer miteinander umgehen, kennt und versteht.“ Die Lektion ihrer Kindheit fließt heute in ihre Beratung ein, wenn es um Frauen und Führung in der Wirtschaft geht. So mache sie ihren Kundinnen klar, dass eine konsensorientierte Sprache gut in Familien oder frei arbeitenden Gruppen funktioniere. Dass man aber auch die Register des militanten Sprachstils der Männer kennen müsse, um sich in der Wirtschaft zu behaupten. Da geht es um „Territorialhoheit“, um „Strategie“, „Taktik“, „operative Maßnahmen“ oder „Guerilla Marketing“. Danach erst käme die Frage, wie man als Frau unter Männern damit umgehen möchte.

Doch ihre Kindheit hat ihr auch schwere Bürden auferlegt. „Mein Vater hatte eine klare Vorstellung von meinem Lebensweg“, erinnert sie sich. Diese deckten sich aber nicht mit dem Weg, zu dem sich Maria berufen fühlte: Der Welt der Oper und des Gesangs. Aber sie fügte sich, wie später noch oft in ihrem Leben. Sie machte zuerst die vom Vater gewünschte Ausbildung zur Hotelfachfrau. „Das war zwar nicht mein Traum, aber ich profitiere heute noch davon – etwa als Gastgeberin bei Veranstaltungen“, so Beck. Bis zu ihrem 58. Lebensjahr hat sie ihre Herkunft sehr geprägt, haben innere Zwänge ihr Leben bestimmt. „So war ich zum Beispiel viel zu lange in einer falschen Ehe mit einem zwar tollen Mann, aber wir füreinander waren falsch“, sagt sie heute. Diese Spirale gipfelte schließlich in einer extremen Lebenskrise vor 5 Jahren. „Als ich krank wurde, schwer krank, und im Krankenhaus um mein Leben kämpfte, wurde mir bewusst: Ich musste mein Leben ändern. Mich von den Zwängen und Erwartungen befreien, mehr auf mich hören, endlich tun, wofür ich wirklich auf dieser Welt bin“, fasst Beck rückblickend zusammen. Noch im Krankenhaus entschied sie, nicht in ihr altes Leben zurückzukehren. Nicht zu ihrem Mann, nicht in die gemeinsame Wohnung. „Es musste ein Neuanfang her“.

„Die Musik hat mich gerettet“, ist sie heute überzeugt. Die Stimme, die Musik und Konzerte wurden zum Zentrum ihres neuen Lebens. „Nach der Hotelfachausbildung habe ich Gesang studiert“, so Beck. Meine Stimme ist ein Geschenk, für das ich sehr dankbar bin. Zwar hat sie nie auf einer großen Opernbühne gestanden, dafür aber in vielen Oratorien und Liederabenden mitgewirkt. Dennoch weiß sie mit ihrer Stimme umzugehen, weiß worauf es ankommt, wie eine Stimme wirkt, wie jeder seine eigene Stimme einsetzen kann, etwa um andere Menschen zu überzeugen. „Heute gebe ich mein Wissen an Manager weiter, mache mit ihnen Trainings für Stimme und Ausstrahlung“, erzählt Maria. „Exzellenz-Training“ nennt sie die Kurse für Vorstände und Vorsitzende, die repräsentative Aufgaben übernehmen, bei denen das Sprechen eine Rolle spielt. Zuerst gilt es meist, Blockaden zu überwinden, das Lampenfieber als Verbündeten zu begreifen und die eigene Rolle und Haltung zu definieren. Ist das einmal geschafft, seien ihre Kunden meist begeistert.

Die Musik hat mich gerettet.

Maria Beck (im Bild während ihres Gesangstudiums)

Ihre Passion hat sie bis in die Politik getragen. „Ich durfte zwei informelle Treffen mit unserem neuen Oberbürgermeister Stephan Keller gestalten“, erzählt sie begeistert und schwärmt von dem Mann. „Gläubig und authentisch“ sei er und ein wahrer Teamplayer. „Die gemeinsamen Termine waren für uns beide sehr bereichernd.“ Ohnehin: Wenn es um Düsseldorf geht, schlägt Marias Puls schneller. Düsseldorf sei eine tolle Stadt, jedoch betone das Stadtmarketing das aktuell nicht ausreichend. „Hier lebt die Kunst, die Kultur. Der Rhein ist die Lebensader der Stadt, in Düsseldorf entsteht ein einmaliges Lebensgefühl. Düsseldorf ist offen, jeder kann hier sein, wie er möchte“, schwärmt Maria.

Dass jeder Mensch – „jeder Jeck“ – tatsächlich anders ist, findet Maria Beck großartig. Diese tief verankerte Wertschätzung anderen Menschen gegenüber ist ihr innerer Kompass. „Das“, sagt sie,“ hat zur Folge, dass ich Konfrontation einfach unnötig finde“.

Eine Haltung, die sie auch bei ihren ehrenamtlichen Engagements einbringt – etwa für die neue Initiative Rheinkultur –, um unterschiedliche Standpunkte zu moderieren und gemeinsam zu Lösungen zu finden. Die Initiative, deren Mitglieder zum Teil seit mehreren Jahrzehnten im Herzen der Stadt leben, wehrt sich gegen Auswüchse wie PS-Protzer am Mannesmannufer, Drogenhandel, Wildpinkler oder allgegenwärtige E-Scooter. Auf Bitten Ihres Bruders Josef soll Maria Beck vermitteln. Sie ist in der Altstadt groß geworden. Beck setzt auf Konsens, nicht auf Konfrontation mit der Stadt. „Das ist bei der heterogenen Struktur der Anwohner, ihren Wünschen und unterschiedlichen Aufreger-Themen nicht immer leicht“, sagt sie. Leitlinie sei für sie aber stets ein erfolgreiches Miteinander, nicht Gegeneinander.

Auch für das Düsseldorfer Hetjens-Museum setzt sich Maria Beck als Vorsitzende des Freundeskreises ehrenamtlich ein. „Die Altstadt mit dem Hetjens-Museum gehört zum Stadtbild meiner Kindheit“, sagt sie. Sie liebe das Keramikmuseum und überhaupt in der Carlstadt von Kunst und Kultur umgeben zu sein.

Maria Beck im Hetjens Museum:
Als Vorstand Kunst und Kultur fördern.

Als wir uns im Cafe Alex verabschieden, sind fast drei Stunden verflogen. Drei intensive Stunden, hoch spannend, unglaublich offen. Damals im Wirtschaftsclub habe ich Maria Beck kennen gelernt. Seit dem Gespräch im Alex kenne ich sie wirklich.

Herzlichen Dank für dieses Gespräch.

Jörn Hüsgen

Weitere Informationen finden Sie hier:

Maria Beck Performance-Beratung
Hetjens – Deutsches Keramikmuseum Düsseldorf
Bäckerei Hinkel
Wirtschaftsclub Düsseldorf
Mutter EY Café

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